Die Kotmelone kommt
Mittlerweile hatte sich ein neues Gefühl zu meinen Hackebeil-Schmerzen gesellt: Das Gefühl, eine Melone auskacken zu müssen. Der Druck auf dem Damm war enorm, aber ich wusste auch, dass das ein gutes Zeichen war, dass es vorwärts ging. Meine Yoga-Lehrerin hatte uns auf dieses Gefühl vorbereitet. Meine Hebamme bat mich zu diesem sich dem Ende der Geburt nahenden Schmerzen für die Wendung des Babys in die Seitenlage zu wechseln. Als sie mir sagte, dass ich ruhig mal nach dem haarigen Köpfchen tasten könnte und ich es tat, versetzte mir das einen riesigen Motivationsschub. Unser Wurm war zum Greifen nahe! Aber es dauerte noch bis zu den Presswehen. Ich wechselte noch mal in die Hocke an der Bettkante, um dann final in den Vierfüßlerstand, mit dem Oberkörper hängend auf dem hochgestellten Kopfteil, zu gehen. Ich hatte auch in dieser Position Thomas‘ Hände fest umschlossen. Ich begann nun zu pressen: Luft anhalten und alle Kraft nach unten zum Baby. Ich spürte, wie es weiter rutschte. Bis zu einem bestimmten Punkt. Von Wehenpause zu Wehenpause brannte und zwiebelte es immer stärker. Ich glaube, mit der vierten Presswehe (vielleicht war es die insgesamt siebte oder achte Presswehen seit Ausbleiben der Vorwärtsbewegung überwand unser Baby den Punkt und ich spürte, wie es aus mir heraus rutschte und mit ihm der Kotmelonendruck und die Schmerzen. Ich machte die Augen auf und sah in Thomas‘ schwitzende Augen. Wir hielten unsere Hände ganz fest umschlossen.
Paargefühl statt Zeitgefühl
Alles Körperliche war nun nicht mehr vorhanden, stattdessen spürte ich, dass bei mir was Anderes angeknipst war: Ich drehte meinen Kopf hinter mich und sah ein haariges Bündel und rief, dass ich endlich meinen Sohn haben will. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich umdrehen konnte und mir die Hebamme unseren Wurm auf meinen Bauch legte. Thomas war bereits an meiner linken Seite und sah überglücklich und gerührt zugleich aus. Wir küssten uns und blickten auf unseren Sohn, der nun endlich da war. Ich konnte es noch gar nicht glauben und Thomas sagte, dass ich es wunderbar gemacht habe. Wir waren zu dritt und blieben zwei Stunden im Kreißsaal. Es fühlte sich an wie Minuten.
Seit halb zwei hatte ich nicht mehr auf die Uhr geschaut, ich war ja in meinem Geburtsflow. Ich hatte also kein Zeitgefühl und durch die kurzen Wehenpausen nicht nur körperlich, sondern auch mental nicht die Möglichkeit, abzuschalten, geschweige denn einzuschlafen – was ich nur zu gern gemacht hätte, aber wenn ich mich diesem Impuls hingeben wollte, war die „Pause“ wieder vorbei.
Unser Wurm erblickte um 05:05 Uhr das Licht der Welt. Ich hatte dreieinhalb Stunden vorher nicht gewusst, wie ich die Schmerzen ertragen soll, die ja letztlich von der Intensität immer stärker wurden. Durch das Atmen habe ich meine Kraft gezielt mobilisieren können und es dadurch geschafft, unseren Wurm doch noch auf natürlichem Weg gebären zu können. Das ist ein großes Geschenk für mich, dass ich sehr schätze. Für uns als Paar war die Geburt ein unvergesslicher Moment. Wir beide hatten unsere jeweiligen Aufgaben in einem perfekten Zusammenspiel gemeistert.
Der Oberarzt aus dem Chemnitzer Klinikum tippte übrigens bei seinem letzten Kontrollultraschall kurz vor Weihnachten auf ein Geburtsgewicht von 3.800 Gramm. Mit seiner Schätzung sollte er ziemlich gut liegen: 3715 Gramm wog unser Wurm zur Geburt.
Der Geburtsbericht erschien auf Mathildes wunderbaren Blog Wanderfamilie. Mathilde würde sich sehr freuen, wenn ihr ihren Blog einmal besucht. Es lohnt sich sehr.
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Bildquelle: Prexels 266094